Logo Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Flagge der Dem. Rep. Kongo

Kontakt Kontakt
Vanessa Petzold
E-Mail


Vor-Ort-Berichte Vor-Ort-Berichte

Demokratische Republik Kongo

HOME

 Unabhängigkeitstag  30. Juni 1960 (von Belgien)
 Fläche  2.344.798 km²
 Bevölkerungszahl  67.150.000
 Amtssprache  Französisch
 Hauptstadt  Kinshasa
 Staatsform  Präsidialrepublik

 

AKTUELL: Vor-Ort-Bericht vom 31. Juli 2010
Vanessa Petzold
Auch nach dem offiziellen Tag der Unabhängig am 30. Juni wird in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa das geplante Feierjahr anlässlich des Cinquantenaire fortgesetzt. Zumindest bis zu meiner Abreise Ende Juli standen noch immer die Spaliere aus kongolesischen und vielen anderen Nationalflaggen an zahlreichen Straßen im Stadtzentrum.
... Link 

Hintergrund

Seit ihrer Unabhängigkeit am 30. Juni 1960 befindet sich die Demokratische Republik Kongo nahezu im Dauerzustand zwischen Krieg und Diktatur. Auch wenn Präsident Joseph Kabila seit 2001 für mehr Stabilität sorgen konnte, bleibt die Lebenssituation vieler Menschen katastrophal. Einen Grund zum Feiern sehen viele Kongolesen im 50. Jubiläum daher nicht. Von offizieller Seite wird versucht, den Blick auf die Zukunft des Landes zu richten und ein Fest der Versöhnung zu inszenieren. Politische Kontroversen und die Erinnerung an die dunklen Kapitel der kongolesischen Geschichte sollen dabei möglichst vermieden werden.

Von 1885-1908 war der "Freistaat Kongo" Privatbesitz des belgischen Königs Leopold II. Der Name jedoch trügt: Es herrschte ein menschenverachtendes System von Zwangsarbeit, durch das die natürlichen Rohstoffe in europäische Reichtümer verwandelt werden sollten. Der brutalen Ausbeutung des Landes wurde 1908 vom belgischen Staat ein Ende bereitet und der Kongo zur belgischen Kolonie erklärt, was die Lebenssituation für viele Kongolesen zumindest ansatzweise verbesserte. Diese aus heutiger Perspektive oft positiv beurteilte Phase der Geschichte – die sich auch in der Einladung des belgischen Königs Albert II. zu den Feierlichkeiten sowie im Bau eines Denkmals für dessen Großvater König Baudouin manifestiert – endete mit der Erklärung der Unabhängigkeit am 30. Juni 1960.

Zeitgleich proklamierte die rohstoffreiche Provinz Katanga im Süden des Landes ihre Sezession und stürzte das Land in ein Chaos aus Kriegen und Konflikten, zu dem auch die Vereinten Nationen, USA und Belgien ihren Teil beitrugen. Der demokratisch gewählte Premierminister Patrice Lumumba verlor zunehmend die Kontrolle über das Land und wurde, nachdem er bereits zwei Monate nach der Unabhängigkeit schon wieder seines Amtes enthoben worden war, Anfang 1961 ermordet. Es folgten Jahre des Bürgerkriegs, bis sich General Mobutu 1965 an die Macht putschte. Er benannte das Land in Zaire um und propagierte eine Politik der "Authentizität", die an "traditionelle" Werte anknüpfen sollte. Doch zugleich wirtschaftete er mehr als 30 Jahre lang das Land allmählich völlig herunter.

Erst als 1996 der erste "Kongo-Krieg" ausbrach, gab Mobutu 1997 schließlich die Macht an Laurent Kabila ab. Seit dem zweiten "Kongo-Krieg" ab 1998 wurde die Demokratische Republik Kongo erneut von Rebellengruppen und ihren Kriegen um Macht und Rohstoffe beherrscht. Nach der Ermordung Laurent Kabilas im Jahr 2001 übernahm sein Sohn Joseph Kabila das Präsidentenamt und stellte Stabilität und Frieden im Land einigermaßen wieder her. Nur im Osten herrschen bis heute Kriegszustände.

2006 wurde Joseph Kabila in den ersten freien demokratischen Wahlen seit der Unabhängigkeit im Amt bestätigt. "Nehmen wir unser Schicksal in die Hand" – so der Slogan eines tagtäglich ausgestrahlten Fernsehspots zum Jubiläum. Für den Kongo bedeutet dies, nicht zurückzuschrecken vor einem schwierigen historischen Erbe und dem Wunsch der Bevölkerung nach Erinnerung sowie dem Gedenken an die zahlreichen Opfer gerecht zu werden. Das Cinquantenaire birgt aber auch, wie viele Kongolesen hoffen, die Chance eines Neuanfangs, einer wahren Unabhängigkeit. Und das setzt auch voraus, sich aus der eigenen Opferrolle zu lösen und eben das Jubiläum zu feiern – mit Ausstellungen, neuen Denkmälern, Symposien und kulturellen Wettbewerben.

 
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 01.09.2010
    Zum SeitenanfangZum Seitenanfang
Zum Inhalt der Seite springen Zur Navigation der Seite springen