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Elfenbeinküste

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 Unabhängigkeitstag  7. August 1960 (von Frankreich)
 Fläche  322.461 km²
 Bevölkerungszahl  18.154.000
 Amtssprache  Französisch
 Hauptstadt  Yamoussoukro
 Staatsform  Präsidialrepublik

 

AKTUELL: Vor-Ort-Bericht vom 6. Dezember 2010
Konstanze N'Guessan
Im letzten Beitrag habe ich über die erste Wahlrunde der Präsidentschaftswahlen berichtet. Eigentlich sollte das der letzte Beitrag aus der Elfenbeinküste sein, aber die Ereignisse der letzten Woche verlangen doch nach einer Aktualisierung. Am 28.11. hat, wie geplant, die Stichwahl stattgefunden, zu der der amtierende Präsident Laurent Gbagbo (FPI) und Alassane Ouattara zugelassen waren.
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Hintergrund

Die Elfenbeinküste - Côte d'Ivoire - feiert am 7. August 2010 50 Jahre Unabhängigkeit von Frankreich: ein Ereignis, das in dem westafrikanischen Land intensiv diskutiert wird. Ist die ivorische Nation 50 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung Houphouët-Boignys wirklich unabhängig? Oder wartet sie noch auf ihre echte "zweite" Unabhängigkeit? Wer darf als Vater der Unabhängigkeit gefeiert werden: Félix Houphouët-Boigny, "der Alte", dessen Herrschaft zwar von wirtschaftlichem Erfolg und politischer Stabilität gekennzeichnet war, allerdings um den Preis der kompromisslosen Unterdrückung der Opposition und der engen Anbindung an Frankreich (wirtschaftliche Monopolabkommen, militärische Verteidigungspakte)? Oder Laurent Gbagbo, der aktuelle Präsident und historische Widersacher Houphouëts, der seine Machtergreifung und seine Herrschaft als Projekt der "refondation" der Nation darstellt, als umfassende Neugestaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Politik im Hinblick auf eine echte Emanzipierung von allen "Neokolonialisten"?

Nach der Einführung des Mehrparteiensystems 1990 und dem Tod Houphouët-Boignys 1993 durchlebte das unter Houphouëts Einparteienherrschaft wirtschaftlich einst erfolgreiche Land politische und wirtschaftliche Krisen − und nicht zuletzt intensive Debatten und gewaltsame Konflikte um nationale Zugehörigkeit. Präsident Laurent Gbagbo ist Historiker und weiß um die Macht der Geschichte und die Bedeutung der Kontrolle über ihre öffentliche Darstellung im Rahmen von Nationalfeiertagen. Er hat eine Kommission zur Planung der Feierlichkeiten eingesetzt, die mit Pierre Kipré einen weiteren Geschichtsprofessor (und Botschafter der Côte d'Ivoire in Frankreich) zum Vorsitzenden hat und die das Jubiläumsjahr ganz ins Zeichen der Reflektion und der Bilanzierung der ivorischen Geschichte und aktuellen Politik stellen will.

Das "Volk" hingegen fordert, dass die seit 2005 immer wieder herausgezögerten Wahlen endlich durchgeführt werden. Die Wahlen verzögern sich, weil die Erstellung der notwendigen Wählerregister stark umkämpft ist. Immer wieder tauchen "falsche Ivorer" auf den Listen auf, die regierungstreue Zeitungen dann als Nationalitätserschleicher an den Pranger stellen. Gbagbo scheint aber auch daran interessiert zu sein, so jedenfalls behauptet die Opposition, die Wahlen bis nach dem Cinquantenaire hinauszuzögern, um die Hoheit über die Gestaltung des Fests und den historischen Diskurs zu behalten.

Die zentrale Frage, die sich für die Erforschung der Jubiläumsfeiern in Côte d'Ivoire stellt, ist die nach den unterschiedlichen Erzählungen (und Aufführungen) der Erinnerung von Seiten der Houphouëtisten und der Anti-Houphouëtisten. Welcher Narrative bedient sich Gbagbo, um das 50-jährige Jubiläum in einen Festakt für sich selbst als Befreier und wahrem Vater einer unabhängigen Nation umzuschreiben? Und wie versuchen die politischen Erben Houphouëts, dieser Inszenierung Gbagbos Gegenerinnerungen gegenüberzustellen?

 
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 07.12.2010
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