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Kamerun feiert sein Cinquantenaire

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Eintrag vom 21. Mai 2010
Kathrin Tiewa


Foto: Kathrin TiewaMit Tänzen, Fußballspielen, Empfängen und einer großen Konferenz − am Dienstag, 11. Mai 2010, startete das offizielle Programm zu den Feierlichkeiten des "Cinquantenaire", dem 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Kameruns.

Ein großer interreligiöser Gottesdienst in der Hauptstadt Yaoundé leitete die Feierlichkeiten im ganzen Land ein. Ein Ereignis übertrifft das Nächste an Aufwand, Prominenz und spektakulärer Außenwirkung. So zeigt die "Fête de Dance" im zentral gelegenen "Palais du Sport" in Yaoundé Tänze aus ganz Kamerun und präsentiert die für jede Region typischen Elemente. Zum "Concert Géant" wurden weltbekannte kamerunische Künstler wie Henri Dikongue oder Petit Pays eingeflogen, und im "Amadou Ahidjo"-Stadion wurde noch einmal die Fußballweltmeisterschaft von 1990 nachgespielt. Damals nämlich erreichten die "Lions Indomptables", wie die kamerunische Nationalmannschaft im Volksmund heißt, das Viertelfinale, und nicht weniger als vier Mal haben sie schon den Africa-Cup gewonnen. Nun kämpften die "unbezähmbaren Löwen" in dem nach dem Präsidenten der Unabhängigkeit benannten Stadion gegen eine französische Auswahl – auf dem Feld standen so berühmte Spieler wie Roger Miller.

Foto: Kathrin TiewaEgal bei welcher der Feierlichkeiten, das Bild des amtierenden Präsidenten Paul Biya ist immer in überlebensgroßer Version sichtbar. So auch beim Fußballspiel derStadion.

Am 17. Mai 2010 hielt Präsident Paul Biya zunächst auf dem Regierungskanal CRTV seine Ansprache zum Cinquantenaire; unmittelbar danach wurde eine englischen Version auf dem zweiten großen nationalen Fernsehsender, Canal 2, präsentiert. Wesentliche Inhalte seiner Ansprache glichen denen, die er schon in seiner Neujahrsansprache am 31. Dezember 2009 genannt hatte: Die Armut der kamerunischen Bevölkerung, die zu großen Teilen ohne Infrastruktur, Elektrizität und Zugang zu sauberem Wasser lebe, aber auch ein Land ohne Kriege seit fünfzig Jahren und erhebliche Erfolge im Bemühen um Alphabetisierung. Im Jahr 2035 werde Kamerun reich und entwickelt sein, versprach Biya.

Das Jubiläum der Unabhängigkeit hat Wirkung über Kamerun hinaus. Seit dem Abend des 17. Mai befinden sich viele internationale Gäste im Land, so zum Beispiel die Präsidenten von Burkina Faso und von Sao Tomé et Principe. Seither ist auch die gesamte Innenstadt für den öffentlichen Verkehr gesperrt – schließlich befindet sich dort das Hilton, in dem die hohen Gäste residieren. Polizei und Militär sind überall anwesend.

Am Morgen des 18. Mai wurde die große Konferenz von Yaoundé feierlich eröffnet. Ehrengäste wie Kofi Annan oder Boutros Boutros Ghali sind laut Programm neben anderer hoher Prominenz als Referenten eingeladen. Die Konferenz behandelt das Thema "Africa 21" und möchte die Rolle Afrikas in der Welt im 21. Jahrhundert kritisch reflektieren. Auch für diese Konferenz wurde ein besonderer Stoff gedruckt, der auf den ersten Blick die Bedeutung des Ereignisses erkennen lässt. Fotografieren und Filmen ist allerdings nicht möglich – von den Militärs wurde dies strikt untersagt − und darum kann ich hier keine Fotos von diesem Ereignis einstellen! Eine Zeitung prophezeite gar ein Attentat am eigentlichen Nationalfeiertag der kamerunischen Nation, dem 20. Mai – dem Tag, an dem die Militärparade auf dem Boulevard du 20 Mai feierlich vor dem Präsidenten defilieren sollte.

Tatsächlich blieb die alljährliche Parade zum Feiertag am 20. Mai aber friedlich, nicht zuletzt wegen der starken Sicherheitsvorkehrungen, und wie in jedem Jahr bot sie ein großes, farbenprächtiges Défilée von Militär und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Den über den Boulevard du 20 Mai vorneweg marschierenden Militärs jeden Dienstgrades folgten einige Schüler- und Studentengruppen, die sich gegen Korruption, Kindesmissbrauch und Ausbeutung aussprachen. Auch ausgewählte Oppositionsparteien durften sich in der Parade präsentieren, aber die überwältigende Mehrzahl der Teilnehmer waren Anhänger der Regierungspartei RDPC. Das Lied, das sie sangen, klang noch Stunden nach der Parade in meinen Ohren: "Paul Biya, notre President, toujours en avant". Viele dieser regierungstreuen Marschierer waren farbenfroh gekleidete Frauen, und Kritiker behaupteten mir gegenüber, sie seien eigens für die Teilnahme an der Parade "eingekauft" worden, um die Führungsstärke des inzwischen 77-jährigen Biya optisch zu untermauern.

Die nationalen Fernsehsender CRTV und Canal 2 berichten ununterbrochen über den Verlauf der Feierlichkeiten zum Cinquantenaire. Gegenstimmen scheinen unerwünscht, wie mir immer wieder unmissverständlich bedeutet wurde. Kürzlich äußerte eine einflussreiche Dame öffentlich in den Kameruner Nachrichten, dass das Land noch nicht wirklich unabhängig sei und noch immer unter der Herrschaft Frankreichs stünde. Wenige Stunden später wurde sie, so diverse Quellen, in Douala, der wirtschaftlichen Metropole des Landes, verhaftet.

So feiert Kamerun also sein Cinquantenaire.

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Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 06.12.2010
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