Unter dem Titel "Kulturelle Vielfalt, nationale Identität" tanzten, sangen und diskutierten die Libreviller beim Fest der Kulturen. Die Fête des cultures, das größte Kulturevent Gabuns, das eigentlich schon an Pfingsten gefeiert werden sollte, stellte nun den Beginn der Feierlichkeiten zum 50. Unabhängigkeitsjubiläum Gabuns am ersten Augustwochenende dar. Eröffnet wurde das Fest der Kulturen mit einem eher spärlich besuchten Vortragsabend zur nationalen Identität, dem ein nächtlicher Fackelumzug folgte. Der Höhepunkt war jedoch die Parade entlang des Meeres am nächsten Tag, an der auch die Ehrendelegationen aus Senegal und Französisch-Guyana teilnahmen.
Neben den nationalen Tanzgruppen und den verschiedenen in Gabun ansässigen afrikanischen Diaspora-Gemeinden trat in diesem Jahr auch eine besondere Gruppe auf: Zur Feier aller Jubilar-Staaten, die 2010 ihr Cinquantenaire feiern, hatten sich die Teilnehmer dieser Gruppe in den Nationalfarben der 17 Staaten gekleidet. Sie trugen ein Banner mit der Aufschrift "Damit unsere Vergangenheit uns hilft, unsere Gegenwart zu meistern für eine blühende Zukunft".
Der Boulevard Triomphal, eine der beiden Hauptachsen der Stadt, blieb vier Tage lang für den Verkehr gesperrt und wurde zur gastronomischen Schlemmermeile. Krokodil, Wildschwein, Gazelle oder Affe - um nur einige der kulinarischen Spezialitäten zu nennen, die es hier zu probieren gab. In den anliegenden Ministerien, im Senat und im Parlament fanden Wettbewerbe und Ausstellungen statt. Auf dem Gelände des nationalen Fernsehsenders wurde ein Open Air Kino errichtet. Gegen Abend waren es dann v.a. Hip-Hop-Bands und "traditionelle" Tanzgruppen, die die Bewohner Librevilles vor der Hauptbühne bannten.
Während der Kulturpolitik meist nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, wurde das Fest dieses Jahr zur Bühne politischer Bekenntnisse. Noch einige Tage zuvor hatte der Kulturminister René Ndemezo’Obiang bei einer Sitzung des lokalen Vorbereitungskomitees die besondere Bedeutung betont, die die Regierung und der Präsident dem Fest beimessen. Nicht nur würden die ersten Darbietungen besonders kritisch beäugt, das Fest der Kulturen und der kulturelle Reichtum des Landes seien Kern der nationalen Identität und stünden darum im Mittelpunkt des Jubiläums. Auch Premierminister Paul Biyoghe Mba beschwor in seiner Ansprache vor der Parade die nationale Einheit und die perfekte Harmonie zwischen den unterschiedlichen Gruppen Gabuns. Das Kulturministerium spiele eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung des Willens des Präsidenten, aus Gabun ein Schwellenland - Gabon émergent - zu machen.
Viele Künstler erhielten für ihren Auftritt beim Fests der Kulturen kein Honorar und hatten deshalb schon im Vorfeld mit ihrem angedrohten Boykott der Feier für Unruhe gesorgt. Sie sahen in den Ansprachen der Politiker in erster Linie politische Rhetorik und beklagten sich gegenüber den Medien generell über Missstände der Kulturpolitik. So würden sich die Poltiker nicht für Autorenrechte und den Schutz des geistigen Eigentums einsetzen und dadurch künstlerische Aktivitäten nahezu unmöglich machen, klagten die Künstler. Bedauert wurde auch das Fehlen eines Nationalmuseums. Bis heute gibt es in Gabun nur ein provisorisches Museum, das sich im Gebäude der Ölfirma TOTAL Gabon befindet, obwohl seit Anfang des Jahres ein aufwändig gestaltetes virtuelles Nationalmuseum im Internet zu bestaunen ist. Staatlicherseits wurde eine Verbesserung der Situation versprochen. Das Fest der Kulturen endete am Sonntag mit einer Preisverleihung und einem Galadinner für die Autoritäten.