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Rückschau - Der 1. August en detail - Teil II: Die Jubiläumsparade - das Militär marschiert, den Zivilisten wird kurzerhand abgesagt

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Eintrag vom 6. August 2010
Maximilian Mauer


Die lang erwartete Militär- und Zivilparade am 1. August begann mit eineinhalb Stunden Verspätung. Lange bevor Präsident Boni Yayi eintraf, hatten sich schon 10 ausländische Staatschefs, Diplomaten, Militärs und andere Offizielle auf der Tribüne eingefunden. Die Sonne brannte und jede Minute, die Yayi auf sich warten ließ, zog sich zäh in die Länge. Gegen 11:40 Uhr schließlich ertönten erste Alarmsirenen, die die Ankunft der präsidentiellen Flotte verkündeten. Begleitet von sechs Polizeimotorrädern und mindestens ebenso vielen schwarzen, mächtig wirkenden Geländewagen, hielt der Präsident Einzug. Endlich ging es los, und die Erleichterung und Vorfreude der Anwesenden war spürbar.

Foto: Maximilian MauerDie offizielle Parade wurde durch den Präsidenten selbst eröffnet, der sich kurzerhand auf die Ladefläche eines Militärfahrzeugs begab, um feierlich durch die Menge ziehend das "Volk" zu grüßen. An der Tribüne angekommen, stieg er ab. Sogleich ertönte L'Aube Nouvelle - "Die neue Morgendämmerung", die beninische Nationalhmyne. Kaum jemand allerdings sang mit. Boni Yayi begrüßte die angereisten Staatsgäste, namentlich François Bozizé (Zentralafrika), Laurent Gbagbo (Elfenbeinküste), Blaise Compaoré (Burkina Faso), Denis Sassou-Nguesso (Kongo), Ali Bongo Ondimba (Gabun), Teodoro Obiang Nguema (Äquatorial-Guinea), Goodluck Jonathan (Nigeria), Idriss Deby Itno (Tschad), Amadou Toumani Touré (Mali) und Abdoulaye Wade (Senegal). Unter den Ehrengästen fanden sich auch ehemalige Präsidenten Benins wie Emile Zinsou, Mathieu Kérékou und Nicéphore Soglo, zahlreiche Diplomaten aus den USA, Deutschland und China sowie der Innenminister Frankreichs, Brice Hortefeux, aber auch politische Gegner Yayis wie Adrien Houngbedji, Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2011.

Foto: Maximilian MauerDie Parade eröffneten die lange angekündigten Majoretten, die wochenlang von chinesischen Trainern auf diesen großen Moment vorbereitet worden waren. In prächtige Kostüme gekleidet, begeisterte ihr Auftritt die Menge. Wäre nicht der Stromausfall gewesen, der alle Anwesenden wieder in die beninische Realität zurückholte – der Auftritt der Majoretten wäre wohl noch lange sehr positiv in Erinnerung geblieben. Aber so sprachen am folgenden Tag die Zeitungen abwechselnd von "Blamage", "Pleite", "Erniedrigung" oder auch "Schande". Rund 10 Minuten lang versuchten die jungen Mädchen und Jungen verzweifelt, ihre Choreografie zu retten. Trotzdem nahm der Stromausfall dem Auftritt seinen Glanz.

Glücklicherweise zogen als nächstes die verschiedenen Militär- und Polizeikapellen Benins ein, was den Organisatoren ein wenig Luft verschaffte, um die peinliche Panne zu beheben. Ihnen schlossen sich die ausländischen Militärdelegationen an, denen ein gebührender Auftritt bereitet werden sollte. Angeführt von einer kleinen beninischen Delegation, die aus Einheiten der Luftwaffe, Marine, der Polizei und der Armee bestand, defilierten als erstes die Franzosen. Die rund 25 französischen Soldaten, geführt von Kommandant Cédric Morvan, salutierten vor Präsident Boni Yayi und seinen Staatsgästen – ein bewegender Moment. Aus Afrika waren kleinere Militäreinheiten aus Burkina Faso, Kongo, Gabun, Senegal, Togo, Ghana und Nigeria vertreten. Wesentlich umfangreicher waren die folgenden Aufgebote sämtlicher militärischer und paramilitärischer Institutionen, der Polizei, der Gendarmerie und der Feuerwehr aus ganz Benin.

Foto: Maximilian MauerFoto: Maximilian Mauer

In stetigem Gleichschritt marschierten sie bei sengender Hitze über eine Stunde entlang der Paradestraße Ouando-Hounsa. Ihnen folgte eine Auswahl aus dem staatlichen Fuhrpark – Motorräder, Panzer, Polizeiautos, Sattelschlepper und viele weitere PS-starke Prunkstücke –, die die Militärparade beschlossen. Zufrieden, aber auch erschöpft von der 2 Stunden dauernden Zeremonie zeigten sich die rund 3.500 anwesenden Zuschauer, die größtenteils aus geladenen Gästen bestanden. Das "normale" Volk musste das Spektakel von zahlreichen Nebenstrassen aus verfolgen, hermetisch abgeriegelt durch Soldaten.

Da wir mit Presseausweisen ausgestattet waren und uns somit auf der Paradestraße Ouando-Hounsa relativ frei bewegen konnten, können wir mit einiger Gewissheit behaupten: Ein Volksfest war diese Parade nicht - eher ein vom Präsidentenprotokoll bestimmtes Ereignis, wie man auch nach dem Ende der Militärparade merkte. Eigentlich sollte nämlich zu diesem Zeitpunkt die große Zivilparade mit Akteuren aus NGOs, Vereinen und Kooperativen folgen. Doch nach einem kurzen Signal des Präsidenten, der um den weiteren Ablauf des Tages besorgt schien und die Geduld der Staatsgäste nicht zu sehr strapazieren wollte, wurde die Zivilparade kurzerhand abgesetzt. Lediglich eine zweite Gruppe von Majoretten konnte auftreten – eine Gruppe junger Mädchen, die von der First Lady persönlich während der Vorbereitungen begleitet worden war. Das Banner, das diese Majoretten trugen, sprach folglich für sich selbst: "Lieber Herr Präsident, die Jugend weiß, dass Sie ihre einzige Hoffnung sind. Die Jugend ist nicht instrumentalisiert, denn sie ist überzeugt, dass Sie der Vater des Wandels sind" - "Président Boni Yayi, la jeunesse sait que vous êtes son seul espoir. La jeunesse n'est pas instrumentalisée car elle est convaincu que vous êtes le père du changement". Dieses Banner war übrigens die einzige politische Aussage in der gesamten Parade.

Dass die Zivilparade abgeblockt wurde, bedeutete auch, dass sämtliche Auftritte von traditionellen Gruppen aus ganz Benin, wie der der berühmten Zangbéto – tanzende Strohpuppen, die als Wächter der Nacht fungieren – nicht stattfanden. Auch die geplante Teilnahme der von Marie Gabriel begleiteten "Karawane des Cinquantenaire" wurde gestrichen. Ein Journalist der Agence de Presse du Bénin (APB) bezeichnete die Absage an die traditionellen Gruppen als Fehlentscheidung, weil man so nicht die kulturelle Fülle Benins präsentieren konnte. "Man hat den kulturellen Reichtum unseres schönen Landes gar nicht wahrgenommen", so der Reporter.

Der Bürgermeister Porto-Novos, Moukaram Océni, der der oppositionellen Partei UN angehört, hatte bereits bei den Vorbereitungen für die Feier nicht mit Kritik an der Regierung gespart. Nun, am 1. August, wiederholte er seine Vorwürfe. In seiner Rede an die Bevölkerung Porto-Novos betonte er zwar, dass das Cinquantenaire ein Tag der Kooperation und der Harmonie sei. Zwischen den Zeilen war aber deutlich sein Zorn auf die Regierung herauszuhören. Er hoffe, so Océni, dass Porto-Novo bald von allen als die wahre Hauptstadt Benins anerkannt und der Staat endlich die nationalen Leitideen "Fraternité, Justice, Travail" - "Brüderlichkeit, Gerechtigkeit, Arbeit" respektieren würde. So schien sich die politische Konfliktlinie zwischen der Opposition in Porto-Novo und der Regierung in Cotonou, die sich schon während der vergangenen Wochen unserer Forschung angedeutet hatte, im Zuge der Feierlichkeiten am Unabhängigkeitstag zu verdichten.

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Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 01.09.2010
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