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Nigeria feiert das Ramadan-Ende mit Salut-Schüssen

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Eintrag vom 12. September 2010
Helen U. Okafor


Nur noch gut zwei Wochen bis zum Unabhängigkeitstag, aber in diesen Tagen stand zunächst ein anderes Fest im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: das Eid-el-Fitr-Fest, mit dem das Ende des für die Muslime heiligen Monats Ramadan gefeiert wird. Die nigerianische Bevölkerung besteht zu nahezu gleichen Teilen aus Christen und Muslimen, weshalb der Feiertagskalender Nigerias sowohl christliche als auch muslimische Feiertage enthält. Für das diesjährige Eid-el-Fitr (das mit dem Sallah-Fest abgeschlossen wird) hat die Regierung den 9. und 10. September 2010 zu gesetzlichen Feiertagen erklärt. Das bedeutete nicht nur ein verlängertes Wochenende zum Feiern, sondern auch eine Gelegenheit zum Verreisen und für Besuche bei Familienmitgliedern auf dem Land.

Millenium Park - Abuja celebrating Sallah, Foto: Helen U. OkaforDer Millenium Park, der 2003 von der britischen Königin Queen Elizabeth II. eingeweiht wurde, ist der größte öffentliche Park in Abuja. Während der Feiertage - wie etwa dem Children's Day, dem Sallah-Fest und  dem Independence Day - dient der Park als beliebter Treffpunkt für Picknicks und Zusammenkünfte mit Freunden oder der Familie. Der Park ist sauber und lädt zum Spazierengehen ein, und in der Ferne sieht man den berühmten Aso Rock, Abujas heiligen Berg. Zwischen den Spaziergängern tummeln sich Verkäufer mit ihren Bauchläden. Die Wasserfontänen allerdings, die in Hochglanzmagazinen mit Fotos von den Sehenswürdigkeiten Abujas sprudeln, stehen derzeit still. Doch hat sich in den terrassenförmigen Wasserbassins Regenwasser gesammelt, und kleine Kinder nutzen die Bassins als Schwimmbad.

Millenium Park - Abuja celebrating Sallah, Foto: Helen U. OkaforAm gestrigen Samstag wanderten bei strahlendem Sonnenschein zahlreiche Menschen zum Millenium Park, um den Abschluss des Ramadans zu genießen. Alle hatten sich herausgeputzt und trugen festliche Kleidung, auch die Kinder waren im Sonntagsgewand. Am Eingang vom Park bekamen sie Pappkronen mit der Aufschrift "Barka de Sallah" - "Happy Sallah!". Viele Besucher ließen sich auf der weitläufigen Rasenfläche nieder, um Hausa-Musikern zuzuhören, die traditionelle Musikstücke auf ihren Instrumenten zum Besten gaben. Die Stimmung war entspannt.

Das diesjährige Sallah-Fest ist außergewöhnlich: Zum ersten Mal seit 50 Jahren wird Eid-el-Fitr erst nach 30 Tagen und nicht wie sonst nach 29 Tagen gefeiert. Der Sultan von Sokoto, Alhaji Sa'ad Abubakar III, das traditionelle Oberhaupt der nigerianischen Muslime, hat verkündet, dass das Eid-el-Fitr-Gebet am Freitag gesprochen wird, da nach 29 Tagen Fasten der Neumond bisher noch nicht gesichtet wurde. Die zentralen Feiern finden in den Nordstaaten in den Emirspalästen statt. Der Emir spricht zur Beendigung des Ramadan am Morgen des letzten Tages das Eid-El-Fitr-Gebet. Danach feiert man wie bei einem Karneval. Höhepunkt sind die traditionellen Salutschüsse und der Durbar, bei dem Hunderte von reich geschmückten Pferden und Reitern dem Emir Tribut zollen.

Die Fernsehnachrichten berichten in diesen Tagen fast ausschließlich über das Sallah-Fest. Die muslimischen Führer rufen zu Einheit und Frieden zwischen den Religionen auf. Ein weiteres zentrales Thema, das allerdings nicht so friedlich diskutiert wird, sind die bevorstehenden Wahlen am 15. Januar 2011. In der PDP,  der People's Democratic Party, der der seit Mai 2010 amtierende Staatspräsident Goodluck Jonathan angehört, wurde und wird heftig über das sogenannte "zoning agreement" debattiert. Das ist eine umstrittene parteiinterne Übereinkunft, dass der schließlich ausgewählte Präsidentschaftskandidat abwechselnd aus dem christlichen Süden und dem muslimischen Norden kommen sollte.  Eigentlich wäre also nach dem amtierenden Goodluck Jonathan aus dem Süden des Landes nun ein Northerner "dran", doch inzwischen steht fest, dass der Präsident gemeinsam mit seinem derzeitigen Vize Namadi Sambo eine weitere Amtsperiode anstrebt. Weitere PDP-Kandidaten sind Atiku Abubakar, der ehemalige Vize-Präsident während der Obasanjo-Ära, sowie Ibrahim Babangida, das einstige Militäroberhaupt des Landes. Beide sind einflussreiche Männer aus dem Norden. Goodluck Jonathan betonte derweil in seiner Fernsehansprache zum Sallah-Fest den Zusammenhalt zwischen Christen und Muslimen. Er appellierte an die Bevölkerung, die Independent National Electoral Commission (INEC) in ihren Bestrebungen um faire und freie Wahlen zu unterstützen.

Meldungen über die bevorstehenden Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag bleiben dagegen weiterhin spärlich. Nirgendwo in der Hauptstadt wird auf die Feiern aufmerksam gemacht. Weit und breit sind keine Werbeplakate mit den Nigeria@50-Logo zu sehen. Aber immerhin: am 11. August, genau 50 Tage vor dem Independence Day, wurde die "Countdown"-Uhr enthüllt, die nun auch auf den nationalen Fernsehsendern NTA und AIT zu sehen ist.

Foto: Helen U. OkaforSeit dem 11. August ist endlich auch die offizielle Nigeria@50-Homepage im Internet zugänglich. Neben historischen Daten und geplanten Veröffentlichungen kann man auf dieser Internetseite auch das aktuelle Programm der von der Regierung geplanten Feierlichkeiten abrufen. Die Regierung plant offenbar Großes. Zwischen dem 14. September und dem 3. Oktober 2010 sollen viele Ereignisse stattfinden. Auf eine kulturelle und historische Ausstellung sollen eine öffentliche Debatte folgen, ein Festvortrag anlässlich des Jubiläums, ein Kinder-Parlament, eine interaktive Sitzung, das "Arguru Fishing Festival Motor Ralley" sowie 'Africa@50', eine Gala-Nacht, diverse kulturelle Aktivitäten ("durbar and masquerades"), eine kulinarische Woche ("food week"), eine Party für Kinder von der First Lady  organisiert, 'Nigeria@50', die Präsentation eines neuen 50-Naira-Geldscheins, ein Kolloquium über Nigerias Führungsrolle in der Welt, ein Dankgottesdienst und ein panafrikanisches Parlament. Höhepunkt soll dann die Jubiläums-Parade sowie das Bankett des Präsidenten am 1. Oktober sein, dem eigentlichen Unabhängigkeitstag.

Insgesamt darf man auf die Beteiligung der Öffentlichkeit an den Events gespannt sein. Schließlich sind etliche der geplanten Veranstaltungen nicht öffentlich zugänglich, sondern nur für geladene Gäste. Nach allem, was ich bisher gehört und gelesen habe, scheint der Großteil der Bevölkerung den bevorstehenden Feierlichkeiten der Regierung zum Independence Day nicht mit großer Begeisterung entgegenzusehen. Was sich die Menschen derzeit wünschen, ist vor allem eine Verbesserung der wirtschaftlichen und vor allem infrastrukturellen Situation des Landes - nicht jedoch die Verschwendung von 6,6 Mrd. Naira (ca. 32 Mio. Euro) für Feierlichkeiten, die zu keiner sichtbaren Veränderung im Land führen werden

In einem Interview fasste Dr. Olutayo Adesina vom Department of History an der University of Ibadan die Meinung der Bevölkerung über Regierung und Jubiläums-Budget so zusammen: "It's crazy. It’s sheer madness. … People are laughing. … We are no longer surprised by such pronouncements because it is what they do every day. They spend 50 billion to construct roads. Tomorrow they start again because they have forgotten to buy tar. We are no longer alarmed. It has become funny. ... There is nothing you can do. You don’t have the power to remove the government. You don’t have the power to vote them in. You don’t have the power to vote them out. Public opinion does not matter. And so, they just do what they like. … Of course they are spending the money [on the jubilee]. There is nothing we can do about it.“

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Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 07.11.2010
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